Denunziantentum
 
– eine Pflicht zur Reinerhaltung der Versammlung -

Sie sind beliebt, die kleinen Theaterstückchen auf den großen Kongressen der Zeugen Jehovas, die eine Situation aus dem Alltag eines Zeugen nachstellen und das Volk der zeugen Jehovas belehren, wie es sich verhalten sollte, denn sie bringen wenigstens etwas Abwechslung in das allzu langweilige Programm aus Gebet, Vortrag, Vortag und Gebet.

Zwei Schüler betreten die Bühne. Der eine hat heimlich geraucht. Der andere redet ihm ins Gewissen. Aber nicht nur das, er erleichtert sein geplagtes Gewissen auch daheim beim Vater. Der holt die Bibel raus und erklärt dem Sohnemann, wie das funktioniert mit dem Denunziantentum bei den Zeugen, Bibeltext für Bibeltext – und siehe da – der gelehrige Sohn geht am Sonntag brav zu Bruder Ältesten und hält die Versammlung rein.  Der gestrauchelte Raucher bereut seine Missetat von Herzen und bedankt sich bei Sohnemann, dass er ihn zurück ins Glied gebracht hat.  Fast wäre er dem Satan in die Falle geraten.  Wie dankbar muss man doch sein, dass es in Jehovas Organisation Vorkehrungen gibt und klare Regeln, welche Schritte nötig sind, um einander in dieser von Satan dominierten Zeit beizustehen.

Aber natürlich gibt es auch für die Erwachsenen bei solchen Theaterstücken etwas zu lernen. Bühne frei für die Arzthelferin, die fleißig bei ihrem (Halbtags-) Job Patientendaten eingibt, sortiert und verwaltet, aber, was muss sie sehen ?          Da hat doch Schwester ungehorsam tatsächlich eine Abtreibung vorgenommen.   Was ist jetzt zu tun ?    Natürlich spricht sie zunächst mit ihrem Ehemann darüber, der sie belehrt, dass es Datenschutz in diesem Fall ganz sicher nicht gibt. Aber dazu fragt man dann doch lieber den Ältesten.  Der lobt das brave Paar und die Schwester ungehorsam kommt vor ein Rechtskomitee, wird ausgeschlossen oder zurecht ge bracht  Darauf kommt es bei diesem Lerninhalt auch nicht an.

Selbst, wenn die Zeugin dadurch ihren Job verlieren würde, das Paar womöglich seine Wohnung, was auch immer für juristische Konsequenzen es hätte, hier geht die Reinerhaltung der Versammlung vor.

Es geht aber noch grotesker :

Eine Versammlung, in der alles in Ordnung ist, wird von Jehova Gott reich gesegnet. Wodurch ? -  Durch Mehrung natürlich.  Neue Zeugen Jehovas strömen nur so in die Versammlung und wollen auch ins Paradies.  Kein Kongress ohne neue Täuflinge. Daran kann man erkennen, dass in einer Versammlung niemand heimlich sündigt. Und die Erfahrung gibt den Ältesten Recht.  Jedes mal wieder!

Bleibt die Mehrung aus, dann gilt es Ausschau zu halten nach dem möglichen Sündenbock. Da sitzt dann womöglich ein Jugendlicher in der Versammlung und hört seine eigene Schande. Vielleicht sind seine sündigen Gedanken schuld. Womöglich hat er sogar onaniert.  Jehova sieht alles.  Ihm bleibt nichts verborgen.  Besser man bekennt sich gleich schuldig.   Dann wird der Segen und die Mehrung bestimmt zurückkommen.  Manchmal haben junge Menschen aber nicht den Mut die Schuld auf sich zu nehmen.  Besonders, wenn sie nicht nur onaniert haben, womöglich ihre homosexuelle Neigung entdeckten.  Manchmal ziehen junge Zeugen Jehovas den Suizid (Selbstmord) vor.