Warum Verein?
Wer die Zeugen Jehovas hinter sich hat, dem ist jede Form von Verein und Vereinsmeierei zuwider. Er hasst „Zusammenkünfte, ganz besonders regelmäßige. Warum dann also jetzt doch ein Verein?
Es sah noch im vorletzten Jahr so aus als würde unsere Regierung das Vereinsrecht kippen und Alternativen anbieten. Beginnend mit der „Kleinen Genossenschaft über die Änderung des GmbH-Rechts schien der Verein antiquiert.
Nach der Neufassung des Rechtsdienstleistungsgesetzes jedoch öffnen sich Vereinen ganz neue Möglichkeiten ihren Mitgliedern, insbesondere im vorgerichtlichen Verfahren zu helfen. Das macht den Verein als gewählte Rechtsform nun wieder sehr interessant.
Zeugen-Aussteiger befinden sich oft in einer verheerenden Notlage. Dem Aussteiger wird vom (Noch-)Zeugen gern das Umgangsrecht mit den Kindern verweigert, mit der Begründung, er würde auf den glauben des Kindes einen schlechten Einfluss ausüben. Tatsächlich ist es eher umgekehrt. Manchmal unterstützen nicht nur die Ältesten der Ortsversammlung, sondern ganze Familien den (Noch-)Zeugen dabei, den Kontakt zum Aussteiger zu unterbinden. Der Druck auf gemäßigte (Noch-)zeugen ist dabei enorm und stellt selbst in Scheidungs- und Sorge- und Umgangsrechtsprozessen für vermittelnde Richter eine Herausforderung dar.
Selbst von Fachanwälten für Familienrecht darf nicht erwartet werden, dass sie die Tragweite der Sektenproblematik im Scheidungs- oder Sorgerechtsverfahren erkennen und umsetzen können. Daher begleiten wir Aussteiger in solchen Prozessen als Beistände und helfen im Umgang mit Jugendämtern. Wir bereiten auch ein bundesweites Netzwerk an Anwälten vor, die bereit sind sich auf die Problematik einzulassen. Außerdem arbeiten wir mit anderen Vereinen und Organisationen zusammen, hier insbesondere mit Einrichtungen für Väter, denn es sind vorwiegend männliche Aussteiger betroffen. Das soll nicht heißen, dass wir Frauen in ähnlicher Situation nicht helfen würden.
Kindern von Aussteigern wird nachhaltig erklärt, dass der Aussteiger Jehova Gott verlassen hat und jetzt in der Welt Satans des Teufels ist. Er stellt eine Gefahr für das Kind da. Man darf ihm nicht mehr vertrauen. Außerdem wird er von Jehova Gott sowieso bestraft durch den Tod in Harmagedon. Daher ist es besser, den Vater gar nicht mehr zu sehen – und wenn, möglichst nicht mit ihm zu reden. Das Ergebnis ist, selbst bei mehr oder weniger regelmäßigem Umgang, ein verstörtes Kind, das nicht mehr in der Lage ist dem eigenen Vater zu vertrauen.
Oft wird nach dem Ausstieg ein „biblischer Scheidungsgrund konstruiert, mit dem Ziel den gläubigen Elternteil mit einem Zeugen Jehovas neu zu verheiraten. Den Kindern wird dann gern erzählt, der leibliche Vater sei kein Zeuge mehr, es habe jetzt einen neuen Vater. Manchmal sehen Väter ihre Kinder deswegen über Jahrzehnte nicht mehr, verlieren den Kontakt völlig. Will das Kind später aussteigen, wäre der leibliche Vater die einzige Anlaufstelle. Das gift der Lügen über ihn aber sitzt tief.
Im Rahmen einer Vereinsmitgliedschaft ist es möglich schon frühzeitig im vorgerichtlichen Verfahren durch Mediation und Einschaltung der Jugendämter, sowie Aufklärung neue Wege für das Recht der Kinder auf beide Elternteile zu erarbeiten. Jede andere Rechtsform würde diese Chance nicht bieten. Daher also jetzt doch – ein Gemeinnütziger Verein.
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