… zum Mittwoch, 26. Juli 2017 :
Vortrag – Aufforderung – Beweise – und (im Schluss-Satz) die Katastrophe …
Margit Ricarda Rolf
. – Sekten-Ausstieg –
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… zum Mittwoch, 26. Juli 2017 :
Vortrag – Aufforderung – Beweise – und (im Schluss-Satz) die Katastrophe …
Margit Ricarda Rolf
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Hallo Ricarda!
Ich bin auch ein ehemaliger Zeuge Jehovas in Wien. Ich bin damals meiner späteren Frau zuliebe zu den Zeugen Jehovas gegangen, habe mich sogar ehrlich interessiert. Weil ich von den offiziellen Kirchen (und vor allem deren Vertretern) enttäuscht war und mich die ZJ vorerst sehr freundlich, nachsichtig und verständnisvoll aufgenommen haben, habe ich mich dann auch taufen lassen, das war 1974. Meine Frau ist eine hineingeborene Zeugin gewesen, die mich aber – wie ich sehr viel später erfahren musste – eigentlich nur dazu benutzt hat, aus dieser familiär-religiösen Einengung zu entkommen. Das mache ich ihr heute nach so langer Zeit nicht zum Vorwurf, denn der psychische Druck innerhalb der ZJ ist enorm. Unser beider Ausstieg war 1977 quasi vollzogen, 1981 kam dann die Scheidung.
Was ich bei den ZJ relativ bald wahrgenommen habe, war Bigotterie und Heuchelei im Übermaß. Vom Gruppenzwang gedrängt, habe ich dabei sogar eine Zeit lang mitgemacht, also mit den Wölfen geheult. Auffällig war der Verkauf des Wachtturms an die ZJ. Fast alle, mit denen ich unter 4 Augen gesprochen habe, gaben mehr oder weniger offen zu, dass sie nur einen geringen Bruchteil der aktuellen Wachtturmausgaben verkaufen konnten. Den Großteil der Kosten trugen letzten Endes sie selbst und blieben auch darauf sitzen. Das war für die ZJ eine stets sprudelnde Einnahmequelle, die zu Lasten der eigenen Mitglieder ging. Aber das System funktionierte gut und wurde daher aufrecht erhalten. Ich denke nicht, dass es heute anders läuft. Im Durchschnitt nehmen die ZJ durch den Verkauf des Wachtturms an ihre Mitglieder und dessen Nichtverkäuflichkeit sicher deutlich mehr an Geld ein, als es andere Kirchen durch die Kirchensteuer tun.
Man wird auch offen zum Sponsoring und zu „freiwilliger Mitarbeit“ für Renovierungen und sonstige Aufwände der Versammlungen und ihrer Königreichssäle aufgefordert, teilweise auch mit unverhohlenem Nachdruck.
Mir ist eine Geschichte in Erinnerung, die mich darin bestärkt hat, mich von den ZJ zu lösen. Es gab da ein Ehepaar mit zwei Kindern, ein damals etwa 14-jähriger Bub und ein damals noch nicht 12-jähriges Mädchen. Der Vater war ein ehemaliger Augustinermönch, danach fanatischer ZJ, die Frau eine Person mit viel Hausverstand und unerschöpflicher Liebe zu den Kindern. Sie hat sich ihrem Mann mit erkennbarem Widerwillen untergeordnet, konnte aber seiner fanatischen Dominanz nicht viel entgegensetzen.
Der Sohn war schlau genug, zu erkennen, dass er vor dem Erreichen der Volljährigkeit gegen den Vater und seine unerträgliche Dominanz (die auch für Außenstehende als solche spürbar war) chancenlos war. Ich weiß nicht, ob er auch heute noch bei den ZJ ist, aber es würde mich nicht überraschen, wenn er nicht mehr dabei wäre.
Die Tochter hat sich offenbar sehr viel stärker eingeengt gefühlt als ihr Bruder. Da ging es um so banale Dinge wie Musik, die gerade angesagt war, und die sie nicht hören durfte. Der Vater war zu fanatisch und wohl auch nicht gebildet genug, um die Texte zu verstehen, was ausreichte, den kindern die „Teufelsmusik“ zu verbieten.
Das Mädchen war extrem intelligent und allem Neuen gegenüber aufgeschlossen. Offenbar war ihre Verzweiflung über die ihr von Geburt an aufgezwungene Religion so groß, dass sie die oft absurden Verbote und Verzichtszwänge, die ihr der Vater auferlegte, nicht länger ertragen konnte. Sie hatte das System der ZJ durchschaut, hatte auch die Heuchelei, die Bigotterie und die Bespitzelung wohl erkannt und sich in aller Konsequenz, diesem System nicht rechtzeitig genug entkommen zu können, mit 12 Jahren das Leben genommen, indem sie sich von einem hohen Gebäude zu Tode stürzte.
Ich bin ziemlich sicher, dass der Vater keine Schuld bei sich suchte, sondern das als Prüfung Gottes interpretierte. Vermutlich sah er sich als Nachfolger Hiobs, …
Ich habe auch immer wieder erlebt, dass ZJ, die geschäftlich sehr erfolgreich waren und zu einem überdurchschnittlichen Wohlstand gelangt waren, schief angeschaut wurden. Insgeheim hat man sie beneidet, aber auch durchaus offen zu einer ihrem Einkommen entsprechenden Beteiligung an den Spenden „eingeladen“. Auch habe ich erfahren müssen, dass manche ZJ sich gegenseitig bespitzelt haben und ihre Wahrnehmungen in der Versammlung auch kundgetan haben. In Summe musste ich resümieren, dass die ZJ zum Teil noch viel schlimmer waren als die diversen Kirchen.
Zum Glück wurde mit unserem Wohnungswechsel 1976 auch bald eine klare Distanzierung von den ZJ vollzogen. Die Mutter meiner damaligen Frau trennte sich nach mehr als 30 Jahren Ehe von ihrem Mann, einem völlig überzeugten ZJ. Heute mit 85 Jahren sieht sie diese Zeit der Zugehörigkeit zu den ZJ als ihre verlorenen Jahre an. Auch meine Ehe war am Ende, weil schon dem Anfang die falschen Motive für eine Ehe zugrunde gelegen hatten.
Heute bin ich völlig frei von Altlasten aus der Zeit bei den ZJ und fühle mich keiner Religion und keinem Gottesglauben verbunden. Ich habe heute eine neue Familie und könnte nicht zufriedener sein.
Ich wünsche allen ZJ, die sich von der Gemeinschaft der ZJ lösen möchten, den Mut und die Zuversicht, dass sie in ein neues, erfülltes und von ihnen selbst gestaltbares Leben wechseln können, ohne Qualen und ohne schlechtes Gewissen. Im Bedarfsfall sollte man sich aber doch psychologische Hilfe von geeigneter Stelle holen. Aber macht es! Geht weg von den ZJ und werdet endlich frei!