Monotheistische Religionen arbeiten gern mit dem Thema Schuld oder Sünde.
Schon als kleine Kinder werden wir aufgefordert: „Entschuldige dich!“ Nimmt man das Wort auseinander, ergibt sich ent-schuldigen, was soviel bedeuten wie, von Schuld befreien oder frei sprechen.
Wir werden aufgefordert Sünden zu vergeben, damit Gott uns vergibt. Damit wird viel Schindluder getrieben.
Eine biblische Szene zeigt, wie falsch dieser Text verstanden wird.
Jesus heilt (angeblich) Menschen. ein Gelähmter liegt auf einer Trage und die Pharisäer wollen Jesus auf die Probe stellen und fragen, ob es am Sabbat erlaubt sei, zu heilen. Er fragt sie, was leichter sei, zu sagen „Deine Sünden sind dir vergeben“ oder „Steht auf, nimm dein Tragbrett und geh“. Er vergibt dem Sünder die Sünde und fordert ihn auf aufzustehen und zu gehen, was dieser tut.
Nun mag man an Gott, Jesus oder wunder glauben, oder es bleiben lassen. für mich zeigt dieser Text, Jahrhunderte bevor die Medizin so weit war, dass Jesus den Zusammenhang zwischen Gesundheit und Schuldgefühlen kannte. Wir nennen das heute psychosomatische Krankheiten.
Was würde es nützen, wenn ich – ein kleiner Mensch – einem anderen Sünde oder Schuld vergebe, wenn er sich selbst nicht vergibt – oder, wenn er danach weiter sündigt oder Schuld auf sich lädt? Wenn es einen allmächtigen Gott gäbe, könnte der Sünden vergeben. (Ich bezweifel, dass das so ist.)
Ich glaube eher an das Gesetz von Ursache und Wirkung.
Wenn ich verstanden habe, dass mein handeln falsch war und es aus Einsicht nicht wiederholen würde, braucht es weder ent-schuldigung, noch Vergebung. Ich habe ja gelernt und nehme das Gelernte mit. Beharrt jemand auf einer Entschuldigung, hat er keine guten Beweggründe. Dann geht es nur um eine Formalität. Auf die kann man auch verzichten.
Viel besser ist es, jemandem zu sagen, dass einem eine Handlung Leid tut, dass man bedauert so und nicht anders gehandelt zu haben. Aber wir können die Vergangenheit nicht ändern. Niemand kann das!
Nun mag jemand einwenden, das sei Wortklauberei. Aber das ist es nicht.
Eine vollendete Handlung in der Vergangenheit zu bedauern ist es völlig anderes, als vom Geschädigten zu erwarten, dass er in der Gegenwart und für die Zukunft eine Handlung entschuldigt.
Wenn es die Reinkarnation gibt oder Wiedergeburt. dann könnten wir nach unserem Tod entscheiden, ob wir eine Lektion gelernt haben oder nicht. sind wir mit dem Ergebnis zufrieden, könnten wir sozusagen das nächste Level probieren. Sind wir es nicht, können wir die Lernaufgaben wiederholen.
Von dieser Entscheidung wird uns ganz sicher keine Ent-Schuldigung eines Menschen frei sprechen können. Deshalb halte ich Entschuldigungen nicht nur für sinnlos, sondern auch für Augenwischerei. Sie bringen unser Leben, unsere Welt nur scheinbar in Ordnung.
Wenn jemand wirklich Schuldgefühle hat, muss er mit sich selbst (vielleicht mit Hilfe anderer) die Situation betrachten und schauen, was er bei sich korrigieren kann. Nur dann kommt es tatsächlich wieder ins Gleichgewicht.